Ist der Eigenverbrauch von PV-Strom eine versteckte Subvention?

In diesem Artikel möchten wir aufzeigen, warum die regelmäßig aufgeworfene Behauptung, der Eigenverbrauch von PV-Strom vom eigenen Dach sei eine massive Subvention, nicht in Gänze korrekt ist.

Aus welchen Bestandteilen bestehen die Stromkosten?

Der sog. „Vollstrompreis“ bezeichnet die gesamten Strombezugskosten pro Kilowattstunde, die ein Stromkunde zahlen muss. Dieser Strompreis setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen. Erstens dem Preis für Energieerzeugung und Vertrieb, zweitens dem Preis für den Transport des Stroms von der Erzeugungseinheit bis zum Verbraucher (d.h. den Netzentgelten) und drittens Steuern, Abgaben und Umlagen. Für Privatkunden und kleine Unternehmen gliedern sich die Netzentgelte in einen festen Grundpreis und einen Arbeitspreis, der pro Kilowattstunde (kWh) gezahlt wird. Für größere Unternehmen werden diese Netzentgelte in Arbeitspreis und Leistungspreis aufgeteilt.

Was wird als Subvention gesehen?

Erzeugt man nun Strom aus einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) auf dem eigenen Dach und verbraucht diesen Strom direkt vor Ort im Gebäude, so fallen keine zusätzlichen Kosten oder Steuern für die selbstverbrauchte Kilowattstunde an. Lediglich die Investitions-, Finanzierungs- und Wartungskosten der PV-Anlage schlagen über die Lebensdauer der Anlage zu Buche. Die Gesamtkosten der PV-Anlage, geteilt durch die über die gesamte Lebensdauer der Anlage erzeugte Strommenge, werden als Stromgestehungskosten bezeichnet. Bei Auf-Dach-PV-Anlagen liegen diese Kosten etwa bei 10 Cent/kWh.

In Sinne einer Subventionierungs-These wird nun von Befürwortern (siehe etwa die Einschätzung von Prof. Lion Hirth) behauptet, dass den Gestehungskosten der PV-Anlage der gesamte Vollstrompreis gegenübergestellt werden müsse. Den 10 Cent/kWh an PV-Erzeugungskosten also den etwas mehr als 30 ct./kWh, die ein Endkunde für den Strom zahlt. Wäre dieses Vorgehen korrekt, so würde selbstverbrauchter PV-Strom mit etwa 20 ct. pro kWh subventioniert.
Eine solche vereinfachte Gegenüberstellung ist aber nicht zulässig, wie auch der Bundesverband der Solarwirtschaft kürzlich umfassend erläutert hat.
Denn sie übersieht die erheblichen Unterschiede in den Einzelbestandteilen des Vollstrompreises.

Was genau als Subvention gelten kann, werden wir im Folgenden detailliert für jeden der drei Bestandteile (Energieerzeugung, Netzentgelte und Steuern) auflisten.

a) Werden die Preise für Energieerzeugung und Vertrieb durch Eigenverbrauch subventioniert?

Beim Preis für Energieerzeugung findet keine versteckte Subvention durch Eigenverbrauch statt. Vielmehr trägt der PV-Anlagen-Besitzer zu günstigen Stromgestehungskosten für alle bei und entlastet durch den selbst verbrauchten Strom zudem das EEG-Konto. Der Grund für diesen Umstand liegt in der simultanen Stromerzeugung durch viele PV-Anlagen. Denn liefert eine Auf-Dach-PV-Anlage Strom zur Selbstversorgung, so scheint in der Regel über einem größeren Teil Deutschlands die Sonne. Dies bedeutet, dass eine Vielzahl an PV-Anlagen zeitgleich Strom ins öffentliche Netz einspeisen und der Strompreis für diesen Zeitpunkt sehr niedrig oder manchmal sogar negativ ist. Der selbstverbrauchte PV-Strom ist in den Stromgestehungskosten häufig sogar einige Cent teurer als Strom eines dynamischen Stromanbieters für diesen konkreten (sonnigen) Zeitpunkt. Diese Preisdifferenz gilt umso mehr durch das Solarspitzengesetz, das die Einspeisevergütung für sehr sonnige Stunden auf null drückt. Tatsächlich profitieren alle Stromkunden vom Eigenverbrauch der PV-Anlagen-Besitzer. Er entlastet das Netz und wirkt so preisdämpfend, da ein weiterer Netzausbau vermieden wird.

Wenn überhaupt, liegt an dieser Stelle durch selbstverbrauchten Strom also eine indirekte Subventionierung zugunsten der Allgemeinheit und des Stromnetzes vor.

b) Werden die Netzentgelte durch Eigenverbrauch subventioniert?

Die Kosten für den Transport der Energie von großen Kraftwerken zum Verbraucher spiegelt sich in den Netzentgelten wider. Da durch den Eigenverbrauch einer Energieerzeugungseinheit keine externen Transportwege für den Strom anfallen, werden die Netzentgelte für den selbstverbrauchten PV-Strom eingespart. Zusätzlich darf der überschüssige PV-Strom beinahe kostenlos ins öffentliche Netz „entsorgt“ werden.
Da die in Deutschland geltende Netzentgeltsystematik Verbraucher unter 100.000 kWh Jahresverbrauch hauptsächlich über den sog. Arbeitspreis für die Beteiligung an Bau und Instandhaltung des Stromnetzes beteiligt, spart der PV-Eigenverbrauch Netzentgelte ein.
Obwohl der PV-Eigenverbrauch das Netz für die Produktionszeiten der PV-Anlage nicht in Anspruch nimmt, findet an diesem Punkt dennoch eine Subventionierung des Eigenverbrauchs statt. Dies liegt daran, dass die Netzentgeltkosten in der aktuellen Systematik nicht verursachergerecht aufgeteilt sind. Die Kosten für das Stromnetz hängen größtenteils von der Dimensionierung der Netze ab. Diese Dimensionierung wird zum Teil aber auf den maximalen Strombezug ausgelegt. Der Zeitpunkt des maximalen Bezugs ist für Privathaushalte aber nicht ein sonniger Tag im Sommer, sondern klassischerweise ein Wintertag, an dem viele Stromverbraucher aus Industrie und Privathaushalten gleichzeitig aktiv sind und etwa energieintensive Elektrogeräte, wie der Ofen, der Wasserkocher und die Wärmepumpe simultan in Betrieb sind. Genau für diesen Zeitpunkt der maximalen Leistung in einer Region muss das Stromnetz ausgelegt sein. Da für diese Leistungsspitze PV-Anlagen in der Regel keine wesentliche Netzentlastung bieten, verändert weder die PV-Anlage noch der Eigenverbrauch Wesentliches an der Dimensionierung des Stromnetzes.

Die Kosten für das Stromnetz werden durch PV-Anlagen somit nicht gesenkt. Dennoch wird durch den PV-Eigenverbrauch eine Entlastung von den Netzentgelten erreicht. In diesem Punkt wird der PV-Eigenverbrauch somit durch erhöhte Aufwendungen der Allgemeinheit subventioniert.

Nun sind jedoch nicht nur Großkraftwerke Produzenten von Energie, sondern auch die PV-Anlage auf dem Hausdach. Auch der auf dem Dach produzierte Strom muss zu Verbrauchern gelangen.
Hierbei beeinflusst der Eigenverbrauch die Netzkosten positiv. Denn wenn der PV-Strom erst gar nichts ins Verteilnetz gelangt, so reduziert selbstverbrauchter PV-Strom die Netzausbaukosten der Verteilnetzbetreiber, die diese für die Energiewende aufbringen müssen.

Zusätzlich werden durch Eigenverbrauch Leitungsverluste minimiert:
Denn steht man vor der Alternative, Strom ausschließlich zentral in Großkraftwerken zu erzeugen und zu den Verbrauchern zu transportieren oder eine dezentrale Stromerzeugung umzusetzen, so minimiert die dezentrale Stromerzeugung mit direktem Eigenverbrauch Leitungsverluste des PV-Stroms. Hierdurch werden Erzeugungskapazitäten eingespart, der Flächenverbrauch reduziert und zudem im geringen Maß Netzausbaukosten verringert. Denn statt große PV-Freiflächenanlagen mit teuren Leitungen an Wohngebiete anzubinden, überzeugt der selbstverbrauchte PV-Strom vom Dach mit kurzen Leitungswegen und einer geringeren Netzbelastung an sonnigen Tagen. In einem Stromnetz, das zu einem hohen Anteil durch Erneuerbare Energien geprägt ist, kann Eigenverbrauch somit sehr wohl die Netzlast reduzieren und damit Systemkosten einsparen.

Nun gibt es in der Diskussion zur Subventionierung von Netzentgelten noch einen letzten Punkt zu beachten: Diese teilweise Subventionierung des PV-Eigenverbrauchs liegt nämlich an der politisch gewollten linearen Bepreisung des Gesamtstromverbrauchs. D.h. jede Kilowattstunde Strom wird mit gleich vielen Netzentgelten bepreist. Diese Maßnahme ist politisch aus Gründen der Anreizung der Verbraucher zur Energieeffizienz gewollt. Denn nur durch dieses System ist die Einsparung jeder beliebigen Kilowattstunde Strom am Jahresverbrauch wirtschaftlich gleich attraktiv. Würde stattdessen etwa eine rein Verursacher-gerechte Bepreisung der Netzentgelte stattfinden, so würde auf 99% des Jahresstromverbrauchs keine Netzentgelte entfallen. Denn nur zu den beiden Zeitpunkten einer maximalen Verbrauchs- und Erzeugungslastspitze müssten dann Netzentgelte bezahlt werden. Eine solche Netzentgeltsystematik wäre zwar verursachergerecht, würde allerdings nicht zu einem Ressourcen schonenden Umgang einladen.

Fazit zu den Netzentgelten: Eine Subventionierung von PV-Eigenverbrauch findet für diesen Strompreisbestandteil statt. Eigenverbrauch wird jedoch nicht einseitig durch die Netzentgelte subventioniert. Vielmehr dient Eigenverbrauch während PV-Erzeugungslastspitzen auch der Reduzierung der Netzkosten. Drittens gilt: Eine Subventionierung betrifft jedoch nicht ausschließlich selbstverbrauchten Strom. Stattdessen ist diese Art der Subventionierung politisch gewollt. PV-Strom wird in diesem Sinne ebenso wie die Nutzung eines effizienteren Kühlschrankes oder die Umrüstung der Beleuchtung auf LED-Lampen „subventioniert“.

c) Stellt die Einsparung von Steuern und Umlagen durch Eigenverbrauch eine Subvention dar?

Der dritte Bestandteil der Stromkosten sind die Steuern und Umlagen. Hierein fallen die Konzessionsabgabe, die Stromsteuer, die KWKG-Umlage, die Offshore-Umlage und der sog. „Aufschlag für besondere Netznutzung“ (früher §19 Strom NEV-Umlage). Für Privatpersonen und andere Endverbraucher wird zudem die Mehrwertsteuer in Höhe von 19% des Gesamtstrompreises fällig. Dieser Bestandteil macht einen Beitrag an den Stromkosten von 4 bis 10 Cent pro kWh aus. Auch für diesen Fall ist eine Bewertung einer (versteckten) Subvention von PV-Eigenverbrauch nicht ganz eindeutig. Zwar werden die Kosten real eingespart, aber auch hier gilt, dass Eigenverbrauch nicht mit einer Subvention gleichzusetzen ist. Denn Steuern werden auf erbrachte Leistungen erhoben. Der PV-Eigenverbrauch stellt in diesem Fall eine Eigenleistung dar. Solche Eigenleistungen sind jedoch in vielen Bereichen steuerfrei. So bringt der Bundesverband der Solarwirtschaft das anschauliche Beispiel, dass Solarstrom im Eigenverbrauch im selben Maße „subventioniert“ sei, wie der Gemüseanbau im eigenen Garten oder das Renovieren der Wohnung in Eigenleistung. Denn auch auf die Gurke aus dem eigenen Hochbeet fällt keine Mehrwertsteuer an.

Da insbesondere die Mehrwertsteuer den größten Anteil an den Steuern und Umlagen ausmacht, kann dieser dritte Preisbestandteil nicht als verstecke Subvention gewertet werden.

Fazit und Ausblick

Wir haben die drei Preisbestandteile des Strompreises auf versteckte Subventionen bei der Eigennutzung von PV-Strom vom eigenen Dach untersucht. Hierbei haben wir festgestellt, dass nur eine unwesentliche Subventionierung durch die Selbstnutzung vorliegt. Weder bei den Erzeugungskosten noch bei Steuern & Abgaben lag bei tiefergehender Betrachtung eine gewichtige Subventionierung vor. Für die Erzeugungskosten galt mitunter sogar eine umgekehrte Subventionierung der Allgemeinheit durch den PV-Anlagen-Betreiber.
Lediglich bei den Netzentgelten lag eine politisch beabsichtigte Unterstützung des PV-Eigenverbrauchs durch die Einsparung von Netzentgelten vor. Die politische Absicht dahinter war die Schaffung eines Energie-Effizienz-Anreizes. Von diesem Anreiz profitierten neben klassischen Energiesparmaßnahmen auch Anlagenbetreiber, die durch Eigenverbrauch aus einer Auf-Dach-PV-Anlage den Stromnetzbezug reduzieren.